Eine Straftat anzeigen
Eine Strafanzeige ist eine Mitteilung an die Polizei, dass ein Verbrechen begangen worden sein könnte. Wenn Sie eine strafbare Handlung erfahren haben, können Sie eine Anzeige bei der Polizei erstatten.
Strafanzeigen können bei jeder Polizeidienststelle, bei der Online-Wache oder schriftlich per Post erstattet werden.
Eine Anzeige kann man jederzeit erstatten. Es ist aber wichtig, auf die unterschiedlichen Verjährungsfristen von Straftaten zu achten.
Anzeigen können formlos erstattet werden. Die Anzeige sollte Ihre vollständigen persönlichen Daten (Name, Wohnanschrift, E-Mail-Adresse, Geburtsdatum und Geburtsort, Telefonnummer) sowie verständliche Informationen zum Sachverhalt bzw. Tathergang enthalten.
Es hilft, sich an die klassischen W-Fragen zu halten: Was ist passiert? Wie, wo und wann ist es passiert? Wer wurde geschädigt? Nennen Sie auch die Namen von etwaigen Zeuginnen und Zeugen und übergeben Sie der Polizei ihre gesammelten Beweismittel wie ärztliche Dokumentation, Kleidungsstücke mit Spuren, gespeicherte Bedrohungen oder Nachrichten etc. (siehe Beweismittel).
Grundsätzlich ist zu beachten, ob es sich um ein Offizial- oder ein Antragsdelikte handelt.
Die meisten Delikte nach dem Strafgesetzbuch sind sogenannte Offizialdelikte (Gefährliche oder schwere Körperverletzung, Bedrohung, Freiheitsberaubung, Sexualstraftaten etc.). Erfährt die Polizei von einem Offizialdelikt durch eine Anzeige oder bei einem Polizeieinsatz, ist sie verpflichtet, zu ermitteln. Das geschieht unabhängig davon, ob die betroffene Person dies will oder nicht.
Die Anzeige eines Offizialdelikts können Sie nicht zurücknehmen.
Andere Delikte wie Hausfriedensbruch werden von der Polizei nur dann verfolgt, wenn Sie einen Strafantrag stellen. Eine Strafanzeige allein reicht hier nicht (Absolutes Antragdelikt).
Bei relativen Antragsdelikten (wie Beleidigung, Stalking etc.). muss entweder ein Strafantrag vorliegen oder die Staatsanwaltschaft muss das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejahen.
Wer einen Strafantrag stellen möchte, muss dies innerhalb von drei Monaten nach der Tat bzw. Kenntniserlangung über die Tat tun.
Ein grosser Teil der Vorfälle häuslicher Gewalt sind Offizialdelikte und werden von Amtes wegen verfolgt. Erfährt die Polizei durch Anzeige oder bei einem Einsatz von häuslicher Gewalt, ist sie in der Regel verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren zu eröffnen, auch weil bei Gewalt in Beziehungen ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Sie bleiben im weiteren Prozess Opferzeuge oder Opferzeugin, nicht Kläger oder Klägerin.
Die Polizei muss jedem Anfangsverdacht auf eine Straftat nachgehen und objektiv ermitteln – das heißt, sie sucht sowohl nach belastenden als auch entlastenden Beweisen.
Das kann durchaus Wochen oder sogar Monate dauern.
Damit Polizei und Staatsanwaltschaft prüfen können, ob eine Straftat vorliegt, brauchen sie möglichst genaue Informationen über die Tat – und zwar am besten aus erster Hand. Daher müssen Zeuginnen oder Zeugen sich in der Regel schriftlich oder mündlich äußern.
Zu Beginn des Ermittlungsverfahrens werden die Betroffenen einer Straftat vernommen, die damit zugleich Zeugin oder Zeuge sind und die Wahrheit sagen müssen.
Sie haben ein Zeugnisverweigerungsrecht: Wenn Sie mit dem Täter verwandt, verlobt, verheiratet, verschwägert sind oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft führen, haben Sie ein Zeugnisverweigerungsrecht.
Das heißt, Sie können sich zu jedem Zeitpunkt entscheiden, nicht auszusagen. Die Akte wird einige Jahre aufbewahrt.
Entscheiden Sie sich zu einem späteren Zeitpunkt doch noch dafür, aussagen zu wollen, kann das Verfahren wieder aufgenommen werden. Zudem müssen Fragen nicht beantwortet werden, wenn man sich selbst oder Angehörige belasten müsste.
Die Polizei sichert auch mögliche Spuren, die der oder die Tatverdächtige hinterlassen hat. Das können zum Beispiel Fingerabdrücke, Hautpartikel oder Hinweise auf körperliche Verletzungen sein, die Opfern zugefügt wurden.
Die Polizei kann auch die ärztliche Dokumentation Ihrer Verletzungen oder Spuren nach sexueller Gewalt in Auftrag geben. Dann unterliegt die Ärztin oder der Arzt nicht der Schweigepflicht und muss alle Ergebnisse an die Polizei aushändigen. Die komplette Untersuchung oder einzelne Untersuchungsschritte können Sie ablehnen.
Die Polizei kann auch Durchsuchungen durchführen, Unterlagen beschlagnahmen und Auskünfte bei Behörden einholen; bei schweren Straftaten kommt auch die Überwachung der Telekommunikation in Betracht.
Ein Ermittlungsverfahren kann lange dauern. Natürlich können die Betroffenen jederzeit bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft nachfragen, wie der Stand der Dinge ist. Dafür ist es wichtig, die Vorgangsnummer, die man nach Anzeigenerstattung erhält, gut aufzubewahren.
Nach der polizeilichen Ermittlung werden die Unterlagen an die Amts- oder Staatsanwaltschaft übergeben. Hier wird geprüft, ob die Voraussetzungen für eine Anklageerhebung vorliegen.
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