Die Rechte von Betroffenen gegenüber sozialen Diensten
Es ist in Deutschland unbestritten, dass Menschen, die häusliche Gewalt erlebt haben, Beratung, Begleitung und Schutz brauchen. Dennoch gibt es kein Gesetz, das ein Recht auf Schutz regelt.
Das Sozialstaatsprinzip in Deutschland (Art 20 und 28 GG) besagt grundsätzlich, dass der Staat die Existenzgrundlage seiner Bürger*innen sichern und es ihnen ermöglichen muss, selbstverantwortlich ihr Leben zu gestalten.
Dazu gehört die finanzielle und soziale Unterstützung, um Ungerechtigkeiten und Benachteiligungen vorzubeugen und die soziale Sicherheit zu gewährleisten.
Nach dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) ist Deutschland außerdem verpflichtet, Betroffenen von häuslicher und / oder sexueller Gewalt Maßnahmen zur Unterstützung und zum Schutz anzubieten und den Zugang der Betroffenen zu (spezialisierten) Hilfsdiensten zu gewährleisten. (Kapitel IV der Istanbul-Konvention)
Das Sozialgesetzbuch (SGB) ist das zentrale sozialrechtliche Regelungswerk und bildet die Grundlage der meisten Sozialleistungen für Menschen mit und ohne Behinderungen. Das SGB gliedert sich in vierzehn einzelne Bücher und regelt z.B. die finanzielle Grundsicherung, Kindergeld und Unterhalt für Kinder/Jugendliche, Kranken- und Pflegeversicherungsleistungen, Krankengeld, Kinder- und Jugendhilfemaßnahmen, Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen.
Leistungsansprüche von geflüchteten Menschen sind im Asylbewerberleistungsgesetz geregelt.
Grundsätzlich sind Behörden, Ämter und staatliche Institutionen verpflichtet, Hilfesuchende zum Leistungsanspruch zu beraten. Manchmal muss man dies aber aktiv nachfragen.
Viele Leistungen erfolgen auf Antrag. Die Anträge werden geprüft und ggf. bewilligt. Jede Bewilligung muss eine Rechtsmittelbelehrung enthalten (dies ist eine Erklärung, wie Sie gegen die Entscheidung des Amtes rechtlich vorgehen können, wenn Sie nicht einverstanden sind).
Wenn Sie sich schlecht behandelt oder falsch informiert fühlen, können Sie sich in dem jeweiligen Amt beschweren.
Das örtliche Jugendamt ist in Deutschland die wichtigste staatliche Institution wenn es um den Kinderschutz geht.
Das Jugendamt ist verpflichtet, jeder Kinderschutzmeldung nachzugehen und das Gefährdungsrisiko einzuschätzen.
Eltern und Kinder/Jugendliche haben ein Recht auf Beratung. Das Jugendamt kann Maßnahmen zur Stabilisierung einer Familie, Hilfe zur Erziehung/Familienhilfe usw. anbieten.
Der Schutz der Kinder/Jugendlichen steht dabei immer im Mittelpunkt.
Wenn Hilfen nicht greifen und Eltern den Schutz des Kindes nicht herstellen können, kann das Jugendamt das Familiengericht anrufen, damit Maßnahmen getroffen werden, die die Gefahr abwenden. Dazu gehören Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz (Kontakt- und Näherungsverbot), begleiteter Umgang oder Eingriffe in das Umgangs- und Sorgerecht.
Der Begriff „Freie Träger“ bezeichnet in der Bundesrepublik Deutschland private, das heißt nicht-staatliche Organisationen (beziehungsweise „Nichtregierungsorganisation“, kurz NRO).
Freie Träger sind zumeist gemeinnützige Vereine, die für den Staat soziale Aufgaben übernehmen und dafür staatliche Gelder erhalten. Sie leisten einen großen Teil der sozialen Arbeit. Dazu gehören die spezialisierten Frauenberatungsstellen, Frauennotrufe, Schutzeinrichtungen und regionale und bundesweite Hotlines bei Gewalt und Organisationen, die sich an Täter und Täterinnen richten.
Diese Einrichtungen können von allen Betroffenen - auch anonym - in Anspruch genommen werden, wenn es Kapazitäten gibt.
Die Mitarbeitenden unterliegen der Schweigepflicht. Es gibt aber keine Meldepflicht für häusliche Gewalt. Die Einrichtungen arbeiten mit dem Einverständnis der Betroffenen mit anderen Organisationen / Institutionen zusammen.
Durch finanzielle Hilfen und die Beratungs- und Schutzangebote spielt der Sozialsaat in Deutschland eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Betroffene von häuslicher Gewalt zu unterstützen.