Opferschutzrechte
Wenn Sie häusliche Gewalt erleben und darüber nachdenken, etwas an Ihrer Situation zu verändern, sind Sie möglicherweise mit vielen Rechtsfragen konfrontiert. Sie finden hier viele Hinweise auf Ihre Rechte und Möglichkeiten, wenn es z.B. um Strafverfahren, Sorge- und Umgangsrecht für die Kinder, Schutz und Unterstützung oder finanzielle Hilfen geht.
Die Opferschutzrichtlinie 2012/29/EU der Europäischen Union erweitert seit 2015 die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern häuslicher Gewalt im Strafverfahren.
Die folgenden Hinweise sind nicht allumfassend, oft kommt es auf Details an. Es kann also hilfreich sein, sich beraten zu lassen, bevor Sie nächste Schritte entscheiden. Für Verbrechensopfer bietet die Opferhilfe "Weisser Ring" ein um fassenden Beratungsangebot. Speziell an Frauen die Opfer häuslicher und/oder sexueller Gewalt geworden sind richtet sich die Frauenhelpline. Männern steht die die telefonische Beratung der Männerinfo zur Verfügung. All diese Beratungsangebote sind kostenlos, anonym und vertraulich.
Grundsätzlich haben alle Opfer das Recht, die Polizei, Anwält*innen, Beratungsstellen, Schutzeinrichtungen, Jugendamt, Gesundheitsversorgung und andere Hilfsorganisationen in Anspruch zu nehmen. Je nachdem, an welche Einrichtung Sie sich wenden, sind unmittelbar allerdings andere Dinge zu beachten.
Wenn Sie in Gefahr sind, rufen Sie bitte die Polizei. Betroffene und Täter*innen werden von der Polizei getrennt befragt. Die Befragung findet durch gleichgeschlechtliche Polizisten statt. Sie haben das Recht auf eine Übersetzerin/einen Übersetzer.
Die Polizei ermittelt und dokumentiert, was geschehen ist, sichert Beweise und veranlasst ggf. eine ärztliche Dokumentation von körperlichen Verletzungen und Spurensicherung nach Vergewaltigung, Sie können dies aber auch selbst veranlassen.
- Anzeige: Die Polizei nimmt eine Anzeige auf. Sie haben ein Recht auf eine schriftliche Bestätigung der Anzeige (Informationen über Tatort, Tatzeit und angezeigte Tat) und Sprachmittlung (Sicherstellen, dass es für Sie keine Sprachbarriere gibt).
- Die allermeisten strafbaren Handlung wie z. B. Körperverletzung, Nötigung, Vergewaltigung, Stalking oder Freiheitsberaubung, werden als Offizialdelikte von Amts wegen verfolgt. Das bedeutete, dass sobald die Polizei von so einer Handlung erfährt, sie gezwungenst Ermittlungen durchzuführen.
- Gefährdungseinschätzung: Die Polizei muss den Schutzbedarf des Opfers erfragen, das Risiko für weitere Übergriffe einschätzen. Je nachdem zu welchem Ergebnis diese Einschätzung kommt, kann die Polizei weitere Schutzmaßnahmen erlassen.
- Betretungsverbot: Die Polizei kann noch während dem Einsatz die gewalttätige Person aus der Wohnung und dem unmittelbaren Umfeld der Wohnung für die Dauer von 14 Tagen wegweisen. Das ist unabhängig davon wem die Wohnung gehört. Die Polizei nimmt der gewalttätigen Person für diesen Zeitraum auch alle Schlüssel zur Wohnung ab.
- Kontakt- und Annäherungsverbot: Zusätzlich zum Betretungsverbot kann die Polizei auch ein Annäherungsverbot aussprechen. Damit wird der gewalttätigen Person untersagt sich ihnen zu nähern oder mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Auch das Annäherungsverbot gilt 14 Tage.
- Es gibt auch bei gewaltbetroffenen Menschen im Asylverfahren die Möglichkeit der Wegweisung von Tätern oder Täterinnen aus Gemeinschaftsunterkünften und aus eigenen Wohnungen. Die Polizei kann sie aus der Flüchtlingsunterkunft verweisen und die Unterkünfte können den Tätern Hausverbot erteilen.
- Sicherung Ihrer digitalen Geräte: Die Polizei berät Sie bei der Sicherung Ihrer digitalen Geräte.
- Pro-Aktives Programm: Mit Ihrer Zustimmung wird die Polizei eine Beratungsstelle informieren und Sie erhalten einen Rückruf mit einem Beratungsangebot, das Sie annehmen oder ablehnen können (pro-aktives Programm).
- Sind Kinder im Haushalt, informiert die Polizei unter Umständen das Jugendamt.
- Noch vor Ort hat die Polizei die Pflicht Sie über Gewaltschutzmaßnahmen, Beratungsstellen und Schutzeinrichtungen zu informieren. Auf Nachfrage begleitet Sie die Polizei auch zu einer Schutzeinrichtung.
- Die Polizei bietet Opfern von Gewalt Rechtsberatung an. Dabei informieren Sie speziell geschult Beamten*innen persönlich oder telefonisch über Ihre Rechte im Strafverfahren: Vernehmung als Zeug*in, Nebenklage, Prozesskostenhilfe, Anwalt, Entschädigung oder Schmerzensgeld, die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs und psychosoziale Prozessbegleitung.
Als Betroffene von häuslicher Gewalt können Sie beim örtlich zuständigen Bezirksgericht auch eine "Einstweilige Verfügung" beantragen.
Dazu gehören Die "Einstweilige Verfügung" zum Schutz vor
- Gewalt in Wohnungen.
- Gewalt allgemein.
- Eingriffen in die Privatsphäre.
Es ist hilfreich, sich vorher in einer Beratungsstelle oder bei einer Hotline beraten zu lassen. Schutzmaßnahmen (z.B. Näherungs- und Kontaktverbote) und das Umgangsrecht zwischen Täter*in und Kindern können zu Konflikten und Gefährdungen führen.
Wenn Sie sich von einem gewalttätigen Partner trennen, in eine andere Wohnung oder in ein Frauenhaus ziehen und weitere Bedrohungen und Gewaltanwendungen befürchten, können Sie beim Gemeindeamt oder Magistrat eine Auskunftssperre für die neue Anschrift beantragen. Diese wirkt bis zu fünf Jahren.
Nach einer Strafanzeige oder einem Strafantrag erfolgt eine Vorladung durch die Polizei oder Staatsanwaltschaft mit einem Termin zu einer Zeugenvernehmung. Bei der Ladung muss über die Rechte als Opferzeug*in informiert werden.
Betroffene haben das Recht, eine vertraute Person, eine psycho-soziale Prozessbegleitung, oder Anwalt/Anwältin mitzubringen.
- Zeugnisverweigerungsrecht: Das heißt, Sie können sich zu jedem Zeitpunkt entscheiden, nicht auszusagen.
Dieses Recht haben Sie, wenn Sie mit Täter*in verheiratet, verlobt, verschwägert sind, in einer eingetragene Lebenspartnerschaft sind oder eine Lebensgemeinschaft nachweisen können. - Privatbeteiligung: Für Betroffene von (häuslicher) Gewalt gibt es die Möglichkeit zu privaten Beteiligung am Strafverfahren. Dies ist besonders dann sinnvoll, wenn Sie Schadenersatzansprüche insbesondere Schmerzensgeld geltend machen wollen. Als Privatbeteiligte haben sie alle Opferrechte, können zusätzlich aber die Aufnahme von Beweisen (Dokumente, Zeugen, Fotos, Gutachten etc.) zu beantragen
- Schutz: Das gesamte Strafverfahren, die Befragungen und Ermittlungen müssen den Schutz der Opferzeug*innen berücksichtigen. Das Gericht prüft, ob Sie aus Schutzgründen als Opfer-Zeug*in die Aussage bei Gericht unter Ausschluss der beschuldigten Person oder der Öffentlichkeit machen können. Ein sicheres Zeugenzimmer gehört auch zu den Schutzmaßnahmen. Sie haben als Opfer-Zeug*in das Recht auf Schutz ihrer persönlichen Daten. Bitten Sie gerne den Richter oder die Richterin, dass Ihre neue Adresse nicht verlesen wird. Sie müssen bei Gericht auch nicht Ihre richtige Adresse angeben, sondern nur eine Postanschrift.
- Information: Betroffene müssen informiert werden über das Recht der Sprachmittlung/Übersetzung, die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs und Hilfe- und Unterstützungseinrichtungen.
Wenn Sie selbst am Prozess nicht teilnehmen können, haben Betroffene das Recht über den Ausgang des Verfahrens informiert zu werden.
Sie haben einen gesetzlichen Anspruch auf kostenfreie Unterstützung durch psychosozialen und rechtliche Prozessbegleitung, wenn Sie Opfer einer (häuslicher) Gewalt - oder Sexualstraftat waren. Wenn Ihnen Prozessbegleitung im Strafverfahren gewährt wurde, haben Sie auch im Zivilverfahren einen entsprechenden Anspruch.
Gewalt und Opferschutzeinrichtungen informieren Sie über die genauen Umstände und Vorgehensweise.
Prozessbegleitung kann schon bei der Beratung vor der Anzeige beginnen und dauert bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens (inklusive eines eventuellen Fortführungsantrages).
Das Angebot der psychosozialen Prozessbegleitung durch Mitarbeiterinnen von Opferschutzeinrichtungen zielt vor allem auf eine Unterstützung bei der emotionalen Bewältigung des Strafprozesses ab. Sie umfasst unter anderem die Vorbereitung und Begleitung des Opfers zur Anzeigenerstattung, zu Vernehmungen und sonstigen wichtigen Terminen, die Information über den Ablauf des Verfahrens und die Koordination mit anderen an dem Fall beteiligten Stellen (z. B. Kinder- und Jugendhilfe, Spitäler, Schulen, Kindergärten, etc).
Juristische Prozessbegleitung wird durch Rechtsanwälte oder Rechtsanwältinnen durchgeführt, die auf die Begleitung und Vertretung von Opfern spezialisiert sind. Hierbei geht es um eine rechtliche Beratung und Unterstützung. Ziel ist Sie über den Ablauf des Verfahrens und Ihre Recht aufzuklären. Diese Form der Prozessbegleitung kann nicht auf ein nachfolgendes Zivilverfahren ausgedehnt werden. Hier können Sie womöglich Verfahrenshilfe beantragen.
Für das Strafverfahren steht Opfern von Gewalt juristische Prozessbegleitung zur Verfügung. Für ein Zivilverfahren können Sie Verfahrenshilfe beantragen.
Verfahrenshilfe kann etwa die Befreiung von Gerichtsgebühren und Gebühren von Zeug*innen, Dolmetscher*innen und Sachverständigen umfassen. Wenn in einem Verfahren die Vertretung durch einen Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin gesetzlich vorgeschrieben ist oder aufgrund der Komplexität des Falles erforderlich ist, besteht die Möglichkeit, dass Sie durch einen Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin kostenlos unterstützt werden.
Das Verbrechensopfergesetz regelt auch Hilfsleistungen für Personen, die Opfer von häuslicher Gewalt geworden sind
Das Verbrechensopfergesetz definiert Hilfsleistungen, die Opfern Straftaten, inklusive Opfern von häuslicher Gewalt, zustehen. Gemäß §1 VOG gilt der Anspruch u.a. für Staatsbürger:innen und Einwohner:innen, die Opfer von einer Straftat geworden sind, die mit mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe bedroht ist, und körperliche oder psychische Schäden erlitten haben. Der Anspruch gilt auch für Hinterbliebene eines Opfers. Folglich können auch Opfer von Häuslicher Gewalt je nach Gewaltform Ansprüche geltend machen.
§2 VOG bestimmt die Hilfsleistungen, die zustehen. Diese inkludieren u.a. die Kostenerstattung für die Heilfürsorge, Krisenintervention, einkommensabhängige Zusatzleistung und Hilfe bei der beruflichen, sozialen und medizinischen Rehabilitation. Die Verantwortungen für die verschiedenen Dienstleistungen obliegt dabei verschiedenen Ministerien, wie dem Sozialministerium, dem Ministerium für Inneres und dem Justizministerium. Das Sozialministerium übernimmt in erster Linie Anträge, wie für Schmerzensgeld-Entschädigung, Kostenerstattung für psychotherapeutische Behandlungen und Hilfsleistungen.
Weitere Informationen zum Verbrechensopfergesetz, den Hilfsleistungen und Formulare finden sie hier:
In bestimmten Fällen wird Ausländer*innen der Aufenthalt nur zur Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit ihre*r inländischen Ehegatt*in gewährt. Wird die eheliche Lebensgemeinschaft aufgelöst, kann dies zum Verlust des Aufenthaltstitels führen. Dies kann von einem europäischen Land zum anderen variieren. In Österreich kann beim Vorliegen von „besonders berücksichtigungswürdigen Gründen“ ein unabhängiger Aufenthaltstitel zugesprochen werden. Das trifft auf Opfern von Zwangsehen zu, sowie in Fällen, in denen gegen d*ie Partner*in eine Wegweisung oder Einstweilige Verfügung ausgesprochen wurde. Diese Verlängerung entspricht meistens der Länge des Vorherigen Aufenthaltstitels, bzw. 12 Monate. Bei sonstigen Fällen liegt eine unabhängige Verlängerung im Ermessen der Behörden.
Zum Weiterlesen:
Verbrechensopferhilfe Weisser Ring