Strafverfahren
Die Dauer von Gerichtsverfahren in Strafsachen kann je nach Komplexität des Falles, Verfügbarkeit von Beweisen, Zeugen und Arbeitsbelastung der Gerichte variieren. Geringfügige Straftaten können innerhalb weniger Monate geklärt werden, während komplexe Fälle mit schweren Straftaten länger dauern können.
Jeder Fall ist einmalig; unvorhergesehene Ereignisse oder verfahrenstechnische Probleme können zu Verzögerungen führen. Ziel ist es, die Fälle zügig zu bearbeiten und gleichzeitig eine faire Prüfung der Beweise und rechtlichen Argumente zu gewährleisten.
Bei der Hauptverhandlung sind immer mindestens je ein Richter oder eine Richterin, eine Vertretung der Staatsanwaltschaft, ein:e Protokollführer:in sowie die angeklagte Person anwesend. Je nach Gericht, vor dem verhandelt wird, können auch Schöff:innen und weitere Richter:innen anwesend sein.
Wer Opfer einer Straftat wurde, kann sich bis zum Schluss der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung wegen privatrechtlicher Ansprüche (z.B. Schadenersatz) schriftlich oder mündlich zur Niederschrift dem Strafverfahren bei der Kriminalpolizei oder der Staatsanwaltschaft anschließen. Die Opfer werden dadurch zu
Privatbeteiligten.
Privatbeteiligte nehmen an der Hauptverhandlung teil und haben dort Mitwirkungs- und Teilnahmerechte. In der Regel können sie schon während der Durchführung des Ermittlungsverfahrens Einsicht in die Akten nehmen.
Wenn Sie eine psychosoziale und/oder juristische Prozessbegleitung in Anspruch nehmen, darf diese ebenfalls an der Verhandlung teilnehmen.
Die meisten Verhandlungen sind öffentlich, das bedeutet, es kann auch Publikum oder Presse anwesend sein. Nur in Ausnahmefällen wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen.
Das gesamte Strafverfahren, die Vernehmungen und die Ermittlungen müssen dem Schutz der Opferzeug:innen Rechnung tragen. Das Gericht prüft, ob Sie als Opferzeugin in Abwesenheit des Angeklagten oder der Öffentlichkeit aus Schutzgründen vor Gericht aussagen können. Zu den Schutzmaßnahmen gehört auch ein sicherer Zeugenraum.
Als Opfer einer Straftat haben Sie bestimmte Schutz- und Teilhaberechte im Strafverfahren. Diese Rechte sind den Opfern ohne Antrag direkt von der Behörde oder vom Gericht zu gewähren. Zu den wichtigsten Rechten zählen dabei:
- Persönlichkeitsschutzrechte (Recht auf Achtung und Anerkennung der persönlichen Würde)
- Feststellung der besonderen Schutzbedürftigkeit. Damit gehen weitere besondere Schutzrechte im Verfahren einher. Zum Beispiel könne Sie können verlangen, dass der:die Dolmetscher:in bei der Vernehmungen im Ermittlungsverfahren und in der Hauptverhandlung nach Möglichkeit eine Person des gleichen Geschlechts ist.
- Belehrungs- und Informationsrechte, wie Information über Gegenstand und Fortgang des Verfahrens, Akteneinsicht, Übersetzungshilfe durch Dolmetschleistungen und schriftliche Übersetzungen.
- Verfahrens- und Beteiligungsrechte, wie die Anwesenheit bei kontradiktorischen Vernehmungen von Zeugen:Zeuginnen und Beschuldigten und bei der Hauptverhandlung.
- Kostenersatz: Die Prozessbegleitung ist für das Opfer kostenlos. Besteht kein Anspruch auf Prozessbegleitung, so kann der:dem Privatbeteiligten bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen Verfahrenshilfe gewährt werden.
- Recht auf Entschädigung: Das Recht auf Entschädigung ist im Wesentlichen durch die Möglichkeit der Privatbeteiligung möglich, wonach sich Opfer dem Strafverfahren mit ihren Schadenersatzansprüchen anschließen können.
Abschluss des Ermittlungsverfahrens: Sind alle erforderlichen Beweise erhoben worden und hat die beschuldigte Person Gelegenheit erhalten, sich zum Tatvorwurf zu äußern, entscheidet die Staatsanwaltschaft, auf welche Weise das Ermittlungsverfahren abgeschlossen werden soll. Dafür stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Zum Beispiel:
- Erhebung einer Anklage (siehe unten)
- Einstellung des Verfahrens aus Mangel an Beweisen: Haben die Ermittlungen keinen hinreichenden Tatverdacht ergeben, stellt die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren aus Mangel an Beweisen ein. Es wird somit nicht weiter in diesem Fall ermittelt.
- Einstellung wegen Geringfügigkeit
- Einstellung gegen Auflagen und Weisungen (Diversion): Dazu gehören etwa die Zahlung einer Geldbuße, die Erbringung einer gemeinnützigen Leistung oder ein Tatausgleich.
Gegen die Einstellung können Sie Rechtsmittel einlegen. Dazu lassen Sie sich am Besten rechtlich beraten.
Erhebung einer Anklage: Dazu verfasst die Staatsanwaltschaft eine Anklageschrift, in der sie den Tatvorwurf, das verletzte Strafgesetz und die Beweismittel benennt.
Das Gericht prüft die Anklage und kann dann beschließen, das Hauptverfahren zu eröffnen.
Sind Sie am Verfahren privatbeteiligt oder müssen Sie als Opfer-Zeug:in im Verfahren aussagen, bekommen Sie eine Einladung zur Gerichtsverhandlung. In dieser stehen der Termin und der genaue Ort.
Nicht jedes Strafverfahren ist mit einer Verhandlung im Gerichtssaal verbunden.
Der Verlauf einer Hauptverhandlung ist in der Strafprozessordnung festgelegt:
Der:die vorsitzende Richter:in eröffnet die Hauptverhandlung. Zunächst werden die anwesenden Personen benannt. Danach werden die Zeug:innen belehrt, dass sie die Wahrheit sagen müssen. Es kann sein, dass sie danach den Raum verlassen müssen.
Dann wird der oder die Angeklagte zur Person befragt.
Danach hat die Staatsanwaltschaft das Wort und verliest die Anklage, einschließlich des beantragten Strafmaßes und der Begründung des Strafmaßes.
Die Staatsanwaltschaft trägt auch etwaige Schadenersatzansprüche der Geschädigten vor und begründet die Forderungen.
Die angeklagte Person wird zur Sache befragt. Der Angeklagte gibt auch eine Erklärung darüber ab, ob er mit der vom Geschädigten geforderten Entschädigung einverstanden ist.
Danach beginnt die Beweisaufnahme. Während der Beweisaufnahme werden Zeug:innen oder auch Sachverständige befragt und Beweismittel in Augenschein genommen.
Je nach Umfang, Art und Schwere der Straftat, kann die Beweisaufnahme lange dauern. Am Ende halten die Beteiligten ein Plädoyer.
Auch Privatbeteiligte dürfen sich noch einmal äußern.
Das letzte Wort hat die angeklagte Person. Dann zieht sich das Gericht zu einer letzten Beratung zurück und verkündet dann das Urteil.
Am Ende der Hauptverhandlung werden alle Beteiligten in den Gerichtssaal gerufen. Der oder die Vorsitzende des Gerichts verkündet das Urteil. Bei dem Urteil handelt es sich in der Regel entweder um einen Freispruch oder die Verurteilung mit der Festsetzung einer Geld-, Freiheits- oder Jugendstrafe – mit oder ohne Bewährung.
Sofern weder die verurteilte Person/deren Anwält:in noch die Staatsanwaltschaft oder Privatbeteiligte innerhalb einer Woche Berufung oder Revision einlegt, wird das Urteil rechtskräftig und das Strafverfahren ist beendet.