Strafprozess

Das Strafverfahren besteht aus einem Ermittlungsverfahren, einer Anklageerhebung und einer Gerichtsverhandlung, an deren Ende ein Urteil gefällt wird. Ziel des Strafverfahrens ist es, festzustellen, ob eine Straftat vorliegt und wer sie begangen hat.

Eine schnelle Anzeige einer Straftat hilft der Polizei

Je früher Sie eine Straftat anzeigen, desto einfacher ist es für die Polizei, die Straftat zu untersuchen, und desto wahrscheinlicher ist es, dass sie aufgeklärt werden kann.


Gewalttaten können auch später bei der Polizei angezeigt werden. Beachten Sie jedoch, dass die Ermittlungen nach einem längeren Zeitraum schwieriger sind und dass Straftaten einer Verjährungsfrist unterliegen, die davon abhängt, wie hoch die gesetzlich vorgesehene Höchststrafe für diese Straftat ist. Bevor die Verjährungsfrist abläuft, muss die Polizei Zeit haben, die Straftat zu untersuchen, und die Staatsanwaltschaft muss Zeit haben, innerhalb der Verjährungsfrist Anklage zu erheben und Beschuldigten die Vorladung zuzustellen.

Ermittlungsverfahren

Wenn die Polizei einen begründeten Verdacht auf eine Straftat hat, wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Dauer der Ermittlungen hängt von verschiedenen Faktoren ab und kann Monate bis Jahre dauern. Für viele Opfer scheint das Geschehen klar zu sein, weil sie selbst wissen, was geschehen ist. Für die Polizei ist es jedoch nicht so einfach. In der Praxis dauern die Ermittlungen oft recht lange. Manchmal können sie sich monatelang verzögern, nur weil beispielsweise auf ein ärztliches Attest über die Verletzungen gewartet wird.

Das Opfer kann eine Unterstützungsperson in das Strafverfahren einbeziehen

Unterstützung und Beratung im Zusammenhang mit dem Strafverfahren sind in jeder Phase des Strafverfahrens wichtig. Beachten Sie, dass das Strafverfahren Zeit braucht.

Falls erforderlich, kann das Opfer eine Unterstützungsperson in das Strafverfahren einbeziehen. Die Unterstützungsperson kann bei der Erstellung einer Strafanzeige, bei Vernehmungen, bei Gesprächen mit einem Anwalt und bei Gerichtsverfahren hinzugezogen werden. Es ist eine gute Idee, eine Unterstützungsperson zu bitten, von Anfang an am Strafverfahren teilzunehmen. Sie können z. B. eine für diese Aufgabe ausgebildete Unterstützungsperson der psychosozialen Prozessbegleitung hinzuziehen.


Weiter haben Opfer von Gewalt Anspruch auf juristische Prozessbegleitung. Diese wird durch Rechtsanwält:innen durchgeführt, die auf die Begleitung und Vertretung von Opfern spezialisiert sind. Hierbei geht es um eine rechtliche Beratung und Unterstützung. Juristische Prozessbegleiter:innen erklären den Betroffenen den Ablauf des Verfahrens und erläutern ihnen ihre Rechte und Pflichten. Sie achten darauf, dass die Opfer diese Rechte vor Gericht auch erhalten. Wenn das Opfer im Rahmen des Strafverfahrens zivilrechtliche Ansprüche etwa auf Schadenersatz geltend macht, ist dies ebenfalls Aufgabe der juristischen Prozessbegleiter:innen.

Für Personen, mit geringen finanziellen Mitteln besteht sowohl im Zivil- als auch im Strafverfahren die Möglichkeit mittels Antrag be Gericht Verfahrenshilfe zu beantragen. Dadurch können Betroffene bspw. von Gerichtsgebühren befreit werden. Wenn in einem Verfahren die Vertretung durch eine:n Rechtsanwältin:Rechtsanwalt gesetzlich vorgeschrieben ist, kann auch ein:e Rechtsanwältin:Rechtsanwalt unentgeltlich beigegeben werden. Erforderlich ist die Beigebung einer:eines Verteidigerin:eines Verteidigers etwa dann, wenn ein:e Verteidiger:in gesetzlich vorgeschrieben ist (z.B. bei Untersuchungshaft), bei schwieriger Sach- und Rechtslage oder zur Ausführung eines Rechtsmittels.

Beweise

Sie sollten auch die Beweise im Zusammenhang mit der Gewalttat aufbewahren, wenn Sie später Anzeige bei der Polizei erstatten:

  • Bewahren Sie Dokumente, Quittungen, Aufzeichnungen und Kontakte mit helfenden Parteien im Zusammenhang mit der Straftat und ihren Folgen auf (oder geben Sie sie einer vertrauenswürdigen Person zur Aufbewahrung).
  • Wenn die gewaltausübende Person Ihnen gegenüber digitaler gewalttätig ist, bewahren Sie die Nachrichten auf, machen Sie Screenshots davon, führen Sie Buch über Drohanrufe usw.
  • Wenn es Augen- oder andere Zeug*innen der Gewalttaten gab, lohnt es sich, deren Namen und Rolle im Zusammenhang mit der Straftat oder ihren Folgen festzuhalten (z. B. wenn Sie zu Bekannten gegangen sind, um der Gewalt zu entkommen, diesen von der Gewalt erzählt haben usw.).
  • Es ist wichtig, dass Sie einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen, wenn Sie Verletzungen und psychische Folgen haben, auch wenn die Verletzungen keine medizinische Behandlung erfordern.
  • Es wäre wichtig, dass Sie dem medizinischen Personal ehrlich sagen, wer die Verletzungen verursacht hat und wann. Es ist gut, dafür zu sorgen, dass das, was Sie sagen, in der Krankenakte festgehalten wird. Ein ärztliches Attest hat bei einem möglichen Rechtsstreit erheblichen Wert.
  • Wenn Sie Opfer von Gewalt, insbesondere von sexueller Gewalt sind können Sie Ihre Verletzungen bei Ihrem Arzt oder Ärztin oder im Krankenhaus dokumentieren lassen. In den aller meisten Krankenhäusern in Österreich existieren dafür sogenannte Opferschutzgruppen. Seit kurzem gibt es auch die Möglichkeit Verletzungen in den auf Gewaltopfer spezialisierten Gewaltambulanzen untersuchen und dokumentieren zu lassen. Gewaltambulanzen exisitieren bisher aber nicht in allen Bundesländer, sondern nur in der Steiermark (Graz), in Tirol (Innsbruck) und in Wien.
Kinder, die in gewalttätigen Familien leben

Die Polizei sollte sofort benachrichtigt werden, wenn ein Kind Opfer von Gewalt geworden ist.


Wenn Kinder in einer Familie leben, in der Gewalt vorkommt, wird dies als eine Angelegenheit des Kinderschutzes betrachtet. Auch wenn Kinder nicht das primäre Ziel von Gewalt sind, können sie durch diese schwer traumatisiert werden. Niemand sollte allein sein, wenn er mit Gewalt konfrontiert wird.


Familienmitglieder dürfen sich nicht gegenseitig verletzen, z. B. durch Schlagen, Treten, Haare ziehen, Beißen oder Werfen von Gegenständen. Auch viele psychische Gewalttaten, wie etwa Drohungen, sind gesetzlich verboten.


Im Zusammenhang mit dem Strafverfahren s gibt es eine Vielzahl an Rechten und Maßnahmen zum Schutz von minderjährigen Opfern. Sie gelten immer als besonders schutzbedürftige Opfer und haben neben den „allgemeinen“ Opferrechten zusätzlich besondere Rechte und Anspruch auf psychosoziale und juristische Prozessbegleitung. Darüber hinaus dürfen Opfer, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nur in Anwesenheit einer Vertrauensperson vernommen werden, und müssen möglichst schonend und kindergerecht, etwa vorab der Hauptverhandlung und ohne Anwesenheit anderer Verfahrensparteien, insbesondere von Beschuldigten vernommen werden.


Dafür, dass Kinder diese Rechte auch geltend machen können, setzen sich verschiedene Behörden, Vereine und Organisationen ein. So gibt es beispielsweise die Kinder- und Jugendhilfe Wien, die unter anderem Unterstützungsangebote im Sozialen Dienst vermittelt, Beratungen für Kinder, Jugendliche, Schwangere und Familien anbietet, Gefährdungseinschätzungen bei Kindeswohlgefährdungen innehat, oder auch die rechtliche Vertretung unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter übernimmt.

Notausgang
Feedbackexternal link icon