Spirituelle / religiöse Gewalt

Psychische und physische Gewalt mit Elementen von Religion oder Spiritualität. Dabei kann es sich beispielsweise um die Verspottung oder Verleugnung der Religion oder religiöser Bedürfnisse bei gleichzeitiger Erzwingung der Religionsausübung handeln. Der oder die Täter oder Täterinnen können ihre Gewalttaten mit Religion, Gottes Willen oder Strafe rationalisieren und rechtfertigen.


Bei Gewalt im Zusammenhang mit Spiritualität oder Religion handelt es sich auch um Drohungen, die beispielsweise übernatürliche Kräfte, die Rache Gottes oder des Teufels, die Hölle oder das Ende der Welt betreffen. Dazu gehören auch Versuche, die Identität, den Lebensstil und die Meinungen anderer zu unterdrücken, Manipulation und Macht- oder Stellungsmissbrauch, beispielsweise innerhalb einer Religionsgemeinschaft.

Freiheit von Religion, Gewissen und Weltanschauung

Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger sichert in §14, dass “die volle Glaubens- und Gewissensfreiheit [...] Jedermann gewährleistet” ist. Dabei sind Religionsbekenntnisse unabhängig von politischen Rechten, solange durch diese nicht “den staatsbürgerlichen Pflichten[...] kein Abbruch geschieht”.


Des Weiteren bestimmt §14, dass “niemand [...] zu einer kirchlichen Handlung oder zur Theilnahme an einer kirchlichen Feierlichkeit gezwungen werden” kann, mit der Ausnahme von Personen, die “nach dem Gesetze hiezu berechtigten Gewalt eines Anderen” unterstehen. Letzteres trifft v.a. auf Minderjährige zu, die nach §5 der Rechtsvorschrift für Religiöse Kindererziehung er mit 14 voll religionsmündig werden.

Gesetzlich anerkannte und nicht anerkannte Kirchen

Das Staatsgrundgesetzes unterscheidet zwischen gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften, sowie nicht anerkannten Religionsbekenntnisses. Gesetzliche Anerkennung bringt zusätzliche Rechte und Privilegien für die jeweilige Gemeinschaft mit sich, wie das Recht auf gemeinsame öffentliche Religionsübung, Religionsunterricht und politischen Privilegien. Nicht anerkannte Religionen können sich eintragen und anerkennen lassen.


Unabhängig davon sichert §16 des Staatsgrundgesetzes, dass “Anhängern eines gesetzlich nicht anerkannten Religionsbekenntnisses [...] die häusliche Religionsübung gestattet [ist], in sofern dieselbe weder rechtswidrig, noch sittenverletzend ist.”


Eine Liste aller gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften findet sich hier.


Eine Liste aller staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaften findet sich hier.

Gleichheit vor dem Gesetz

Das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger schreibt in §2 folgendes vor: “Vor dem Gesetze sind alle Staatsbürger gleich”.


Dieser Gleichheitsgedanke wird im Gleichbehandlungsgesetz noch weiter ausgearbeitet, indem eine Unterscheidung nach “der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung”, sowie nach Geschlecht in der Arbeitswelt untersagt wird. Dieser Diskriminierungsschutz gilt zum Teil auch in anderen Bereichen, wie Sozialschutz und Bildung,

Wenn es um Minderjährige geht

Wie angesprochen, sieht die Rechtsvorschrift für Religiöse Kindererziehung volle Rechtsmündigkeit “nach der Vollendung des vierzehnten Lebensjahrs” vor, wonach “dem Kind die Entscheidung darüber zu [steht], zu welchem religiösen Bekenntnis es sich halten will”, so §5.


Bevor Kinder ab dem Alter von 14 Jahren selbst ihren Glauben auswählen können, werden Kindern ab 10 Jahren bereits mit §2 (3) das Recht zu, gehört zu werden bei ihrer religiösen Bildung. Dies sieht aber keine bindende Entscheidungskraft vor. Ab dem Alter von 12, gemäß §5, “kann [das Kind] nicht gegen seinen Willen in einem anderen Bekenntnis als bisher erzogen werden”

Formen spiritueller/religiöser Gewalt


Es ist wichtig, zwischen dem Missbrauch von Religion oder Spiritualität für schädliche Zwecke und der echten Glaubensausübung, die Frieden, Toleranz und Respekt für andere fördert, zu unterscheiden. Spirituelle/religiöse Gewalt kann sich auf verschiedene Weise äußern:

Erzwungene Konvertierungen

Menschen werden gezwungen oder unter Druck gesetzt, gegen ihren Willen zu einer bestimmten Religion zu konvertieren, oft durch Drohungen, Einschüchterung oder Isolation.

Religiöse Diskriminierung

Einzelpersonen oder Gruppen werden aufgrund ihrer religiösen Überzeugungen ins Visier genommen, was zu Ausgrenzung, Marginalisierung oder Verweigerung grundlegender Rechte und Möglichkeiten führt.

Ritualistischer Missbrauch

Personen unter dem Deckmantel religiöser oder spiritueller Praktiken physischen, psychischen oder sexuellen Schaden zufügen, oft in Verbindung mit extremen Ritualen oder Zeremonien.

Religiöse Intoleranz

Sich an Hassreden zu beteiligen, zu Gewalt anzustiften oder aggressive Handlungen gegen Einzelpersonen oder Gruppen aufgrund ihrer religiösen Überzeugungen oder Praktiken zu begehen.

Unterdrückung der Religionsfreiheit

Den Einzelnen das Recht verweigern, die von ihnen gewählte Religion auszuüben, Einschränkungen auferlegen oder Verfolgung aufgrund der Religionszugehörigkeit betreiben.

Spirituelle Manipulation

Die Ausnutzung der spirituellen oder religiösen Überzeugungen einer Person zur persönlichen Bereicherung, zur Kontrolle oder zur unzulässigen Beeinflussung dieser Person, häufig durch psychologische Manipulation oder Täuschung.

Gewalt im Namen der Ehre

Rechtfertigung von Gewalttaten, einschließlich körperlicher Gewalt, gegen Personen, die als entehrend empfunden werden oder gegen religiöse oder kulturelle Normen verstoßen haben.

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